Upstart

Erster Tag

Ryder Donahue

Vor etwa sechs Monaten habe ich das College mit einem Bachelor in Informatik abgeschlossen. Ich hatte schon einige Erfolge vorzuweisen, so z. B. als Mitglied des siegreichen Teams beim Microsoft US Imagine Cup, und die Veröffentlichung einer App im Windows Store, die es auf mehr als 400.000 Downloads gebracht hat.

Als ich von Microsoft einen Job angeboten bekam, war ich begeistert, beim weltweit größten Softwareunternehmen anfangen zu können. Bei meinen Kenntnissen und Erfahrungen hielt ich mich auf jede Herausforderung vorbereitet, die sich mir in den Weg stellen sollte.

Wie naiv ich doch war.

Jeder Programmierer weiß um die Lernkurve. Bei unserer täglichen Arbeit stoßen wir häufig auf etwas, das uns nicht vertraut oder schwierig ist. Es geht um die ständige Auseinandersetzung zwischen Erwerb und Umsetzung von Wissen. Die Lernkurve, die ich bei Microsoft erlebte, forderte mich auf einer ganz neuen Ebene heraus. Ich hatte noch nie eine solch große und ausgereifte Codebasis gesehen, ganz zu schweigen damit gearbeitet, bei der so viele Informationen nicht explizit dokumentiert waren.

Nur zur Orientierung: eine Woche, bevor ich meine Stelle antrat, schrieb ich täglich ca. 2000 Zeilen Produktionscode hoher Qualität. Nach meiner ersten Woche im neuen Job hatte ich etwa 10 Zeilen geschafft. Die sich nicht kompilieren ließen. Allein die Einrichtung der Entwicklungsumgebung dauerte einige Wochen. Dazu gehörten das Einrichten der gesamten benötigten Software, Quellcodeauflistungen und natürlich Berechtigungen... so viele Berechtigungen.

Angesichts der Art von Software, die wir schreiben und pflegen, bin ich nicht sicher, ob es vielleicht eine bessere Möglichkeit gibt, den Übergang in die Entwicklung von Unternehmenssoftware zu erleichtern.

Dies mag eine düstere Vorstellung für neue Softwareentwickler sein, die in diesen Berufszweig einsteigen, doch zugleich muss ich das Klima der Hilfsbereitschaft herausstreichen, zu dem alle beitragen, mit denen ich bei Microsoft gearbeitet habe. Wie an jedem Arbeitsplatz sind es die Leute, mit denen man arbeitet, die das Umfeld ausmachen und mir eine sehr schöne Zeit beschert haben. Ich kann gar nicht oft genug betonen, wie wichtig es ist, eine positive Einstellung zu behalten und den Spaß bei der Arbeit am Projekt und im Team nicht zu verlieren. Wenn man mehr als acht Stunden pro Tag fünf Tage die Woche mit jemandem verbringt, und mitunter auch noch wesentlich mehr, wird dein Team zu deiner zweiten Familie. Es ist wichtig, gut mit allen auszukommen.

Diese Kolumne möchte Entwicklern, die gerade erst einsteigen, Ratschläge und Orientierung bieten, weshalb ich einige meiner Erfahrungen teilen möchte. Was ich als junger Programmierer am meisten bedaure, ist, kein Praktikum gemacht zu haben, das häufig sogar bezahlt wird, aber vor allem äußerst nützliche praktische Erfahrung bringt. Hätte ich einen Sommer lang ein Praktikum bei einem Unternehmen wie Microsoft gemacht, wären mir wohl schon vor Beginn meiner offiziellen beruflichen Laufbahn viele Lektionen erspart geblieben, und ich hätte auch weniger Druck gespürt.

Es gibt noch andere Möglichkeiten, so z. B. die Mitwirkung an einem großen Open Source-Projekt. Sie werden denselben Schock wie ich erleben und mit Quellcode hantieren, der wahrscheinlich älter ist als einer selbst und an dem mehr Leute mitgewirkt haben, als Sie in Ihrem ganzen Leben treffen werden. Doch das Lesen großer Codebasen wird einem mit jedem Tag vertrauter, und dieses Gefühl ist eine große Hilfe, wenn Sie am ersten Tag an Ihrem neuen Arbeitsplatz durch die Tür kommen.

Seien Sie auch darauf vorbereitet, mit den eigenen Erwartungen zu ringen. Für mich war es ernüchternd, das Schreiben einiger Tausend Codezeilen pro Tag gegen das Schreiben einiger weniger zu tauschen und mitunter einen halben Tag mit dem Versuch der Kompilierung einer Anwendung zu verbringen. Dies war besonders schwierig, wenn meine Teamkollegen links und rechts Arbeitsaufgaben zuverlässig zum Abschluss brachten. Doch als neuer Mitarbeiter ist das völlig normal. Haben Sie keine Angst, um Hilfe zu bitten. Denken Sie daran, dass alle um Sie herum wollen, dass Sie es schaffen. Ihre Teamkollegen haben alle die gleichen Erfahrungen gemacht und verstehen, dass Sie Fragen haben.

Als ich bei Microsoft anfing, wurde mir gesagt, dass es drei bis sechs Monate dauern würde, Bodenhaftung und das Gefühl für die richtige Richtung zu bekommen. Das klang an meinen ersten Tag grotesk, da ich nie zuvor so viel Zeit benötigt hatte, um mich zurechtzufinden. Doch nachdem ich jetzt sieben Monate hier bin, komme ich zu dem Schluss, dass dieser Rat voll auf den Punkt war. Je schneller Sie die Herausforderungen Ihrer neuen Station auf Ihrem beruflichen Werdegang annehmen, desto weniger achten Sie auf die kleinen Dinge und desto mehr Freude werden Sie haben.


Ryder Donahue ist Softwareentwickler bei Microsoft. Er stammt ursprünglich von Hawaii und lebt mit seiner Verlobten und Katze Marbles in Redmond im US-Bundesstaat Washington.