Verwalten von QoS-Richtlinien

Gilt für: Windows Server 2022, Windows Server 2019, Windows Server 2016

Sie können diesen Artikel verwenden, um mehr über die Verwendung des QoS-Richtlinien-Assistenten zum Erstellen, Bearbeiten oder Löschen einer QoS-Richtlinie zu erfahren.

Hinweis

Zusätzlich zu diesem Artikel ist die folgende Dokumentation zur QoS-Richtlinienverwaltung verfügbar.

Bei Windows-Betriebssystemen kombinieren QoS-Richtlinien die Funktionalität der standardbasierten Servicequalität (Quality of Service, QoS) mit der Verwaltbarkeit von Gruppenrichtlinien. Die Konfiguration dieser Kombination ermöglicht die einfache Anwendung von QoS-Richtlinien auf Gruppenrichtlinienobjekte. Windows umfasst einen QoS-Richtlinien-Assistenten, mit dem Sie die folgenden Aufgaben ausführen können.

Erstellen einer QoS-Richtlinie

Bevor Sie eine QoS-Richtlinie erstellen, ist es wichtig, dass Sie die beiden wichtigsten QoS-Steuerelemente verstehen, die zum Verwalten des Netzwerkdatenverkehrs verwendet werden:

  • DSCP-Wert

  • Drosselungsrate

Priorisieren des Datenverkehrs mit DSCP

Wie im vorherigen Beispiel für eine branchenspezifische Anwendung erwähnt, können Sie die Priorität des ausgehenden Netzwerkdatenverkehrs definieren, indem Sie DSCP-Wert angeben zum Konfigurieren einer QoS-Richtlinie mit einem spezifischen DSCP-Wert verwenden.

Wie in RFC 2474 beschrieben, kann der Differenzierungsservicecode-Punkt (Differentiation Service Code Point, DSCP) Werte von 0 bis 63 innerhalb des TOS-Felds eines IPv4-Pakets und im Feld „Datenverkehrsklasse“ in IPv6 angeben. Netzwerkrouter verwenden den DSCP-Wert, um Netzwerkpakete zu klassifizieren und sie entsprechend in der Warteschlange zu platzieren.

Hinweis

Der Windows-Datenverkehr weist standardmäßig einen DSCP-Wert von 0 auf.

Die Anzahl der Warteschlangen und deren Priorisierungsverhalten muss im Rahmen der QoS-Strategie der Organisation festgelegt werden. Ihre Organisation kann beispielsweise fünf Warteschlangen nutzen: latenzabhängiger Datenverkehr, Steuerungsdatenverkehr, unternehmenskritischer Datenverkehr, Datenverkehr für beste Leistung und Massendatenübertragungs-Datenverkehr.

Drosseln des Datenverkehrs

Zusammen mit DSCP-Werten ist die Drosselung ein weiteres Schlüsselsteuerelement für die Verwaltung der Netzwerkbandbreite. Zum Konfigurieren einer QoS-Richtlinie mit einer bestimmten Drosselungsrate für ausgehenden Datenverkehr können Sie wie zuvor erwähnt die Einstellung Drosselungsrate angeben verwenden. Bei der Drosselung begrenzt eine QoS-Richtlinie den ausgehenden Netzwerkdatenverkehr auf eine angegebene Drosselungsrate. DSCP-Markierung und Drosselung können gemeinsam verwendet werden, um den Datenverkehr effektiv zu verwalten.

Hinweis

Das Kontrollkästchen Drosselungsrate angeben ist standardmäßig nicht aktiviert.

Bearbeiten Sie zum Erstellen einer QoS-Richtlinie die Einstellungen eines Gruppenrichtlinienobjekts (Group Policy Object, GPO) im Gruppenrichtlinien-Verwaltungskonsole-Tool (Group Policy Management Console, GPMC). Die GPMC öffnet dann den Gruppenrichtlinienobjekt-Editor.

QoS-Richtliniennamen müssen eindeutig sein. Wie Richtlinien auf Server und Endbenutzer*innen angewendet werden, hängt davon ab, wo die QoS-Richtlinie im Gruppenrichtlinie Objekt-Editor gespeichert ist:

  • Eine QoS-Richtlinie unter „Computer Configuration\Windows Settings\QoS Policy“ gilt für Computer, unabhängig von den zurzeit angemeldeten Benutzer*innen. Normalerweise verwenden Sie computerbasierte QoS-Richtlinien für Servercomputer.

  • Eine QoS-Richtlinie unter „User Configuration\Windows Settings\QoS Policy“ gilt für angemeldete Benutzer*innen, unabhängig vom Computer, bei dem sie sich angemeldet haben.

Erstellen einer neuen QoS-Richtlinie mit dem QoS-Richtlinien-Assistenten

  • Klicken Sie im Gruppenrichtlinienobjekt-Editor mit der rechten Maustaste auf einen der Knoten für QoS-Richtlinie und dann auf Neue Richtlinie erstellen.

Seite 1 des Assistenten: Richtlinienprofil

Auf der ersten Seite des QoS-Richtlinien-Assistenten können Sie einen Richtliniennamen angeben und konfigurieren, wie ausgehender Netzwerkdatenverkehr durch QoS gesteuert wird.

So konfigurieren Sie die Seite "Richtlinienprofil" des Assistenten für richtlinienbasierten QoS

  1. Geben Sie in das Feld Richtlinienname einen Namen für die QoS-Richtlinie ein. Der Name muss die Richtlinie eindeutig identifizieren.

  2. Verwenden Sie optional DSCP-Wert angeben, um die DSCP-Markierung zu aktivieren und dann einen DSCP-Wert zwischen 0 und 63 zu konfigurieren.

  3. Verwenden Sie optional Drosselungsrate angeben, um die Datenverkehrsdrosselung zu aktivieren und die Drosselungsrate zu konfigurieren. Der Wert der Drosselungsrate muss größer als 1 sein. Sie können Einheiten in KBit/s (Kilobytes pro Sekunde) oder MBit/s (Megabytes pro Sekunde) angeben.

  4. Klicken Sie auf Weiter.

Seite 2 des Assistenten: Anwendungsname

Auf der zweiten Seite des QoS-Richtlinien-Assistenten können Sie die Richtlinie auf alle Anwendungen, auf eine bestimmte Anwendung, die durch den Namen der ausführbaren Datei identifiziert wird, auf einen Pfad und Anwendungsnamen oder auf die HTTP-Serveranwendungen anwenden, die Anforderungen für eine bestimmte URL verarbeiten.

  • Alle Anwendungen gibt an, dass die Einstellungen für die Datenverkehrsverwaltung auf der ersten Seite des QoS-Richtlinien-Assistenten für alle Anwendungen gelten.

  • Nur Anwendungen, bei denen es sich um folgende ausführbare Datei handelt gibt an, dass die Einstellungen für die Datenverkehrsverwaltung auf der ersten Seite des QoS-Richtlinien-Assistenten für eine bestimmte Anwendung gelten. Der Name der ausführbaren Datei muss die Dateinamenerweiterung EXE aufweisen.

  • Nur HTTP-Serveranwendungen, die auf Anforderungen für diese URL reagieren gibt an, dass die Einstellungen für die Datenverkehrsverwaltung auf der ersten Seite des QoS-Richtlinien-Assistenten nur für bestimmte HTTP-Serveranwendungen gelten.

Optional können Sie den Anwendungspfad eingeben. Zum Angeben des Anwendungspfads geben Sie den Pfad zusammen mit dem Anwendungsnamen ein. Der Pfad kann Umgebungsvariablen enthalten. Beispiele: "%ProgramFiles%\Mein Anwendungspfad\MeineAnwendung.exe" oder "C:\Programme\Mein Anwendungspfad\MeineAnwendung.exe".

Hinweis

Der Anwendungspfad kann keinen Pfad enthalten, der in einen symbolischen Link aufgelöst wird.

Die URL muss RFC 1738 im Format http[s]://<hostname\>:<port\>/<url-path> entsprechen. Sie können einen Platzhalter (‘*') für <hostname> und/oder <port> verwenden (z. B. https://training.\*/, https://\*.\*), aber der Platzhalter kann keine Teilzeichenfolge von <hostname> oder <port> angeben.

Mit anderen Worten: Weder https://my\*site/ noch https://\*training\*/ ist gültig.

Optional können Sie Unterverzeichnisse und Dateien einbeziehen aktivieren, um den Abgleich für alle Unterverzeichnisse und Dateien nach einer URL durchzuführen. Wenn diese Option beispielsweise aktiviert ist und die URL https://training lautet, bewertet die QoS-Richtlinie Anforderungen für https://training/video als passende Übereinstimmung.

Konfigurieren der Anwendungsnamensseite des QoS-Richtlinien-Assistenten

  1. Wählen Sie unter Diese QoS-Richtlinie wird angewendet auf die Option Alle Anwendungen oder Nur Anwendungen, bei denen es sich um folgende ausführbare Datei handelt aus.

  2. Wenn Sie Nur Anwendungen, bei denen es sich um folgende ausführbare Datei handelt auswählen, geben Sie den Namen einer ausführbaren Datei an, der mit der Dateinamenerweiterung EXE endet.

  3. Klicken Sie auf Weiter.

Seite 3 des Assistenten: IP-Adressen

Auf der dritten Seite des QoS-Richtlinien-Assistenten können Sie IP-Adressbedingungen für die QoS-Richtlinie angeben, einschließlich der folgenden:

  • Alle Quell- IPv4- oder Quell-IPv6-Adressen oder bestimmte Quell- IPv4- oder Quell-IPv6-Adressen

  • Alle Ziel-IPv4- oder Ziel-IPv6-Adressen oder bestimmte Ziel-IPv4- oder Ziel-IPv6-Adressen

Wenn Sie Nur für die folgende Quell-IP-Adresse oder Nur für die folgende Ziel-IP-Adresse auswählen, müssen Sie eines der folgenden Elemente eingeben:

  • IPv4-Adresse wie 192.168.1.1

  • IPv4-Adresspräfix mit Netzwerkpräfix-Längenschreibweise (z. B. 192.168.1.0/24)

  • IPv6-Adresse wie 3ffe:ffff::1

  • IPv6-Adresspräfix wie 3ffe:ffff::/48

Wenn Sie sowohl Nur für die folgende Quell-IP-Adresse als auch Nur für die folgende Ziel-IP-Adresse auswählen, müssen beide Adressen oder Adresspräfixe auf IPv4 oder IPv6 basieren.

Wenn Sie die URL für HTTP-Serveranwendungen auf der vorherigen Seite des Assistenten angegeben haben, werden Sie feststellen, dass die Quell-IP-Adresse für die QoS-Richtlinie auf dieser Seite des Assistenten ausgeblendet ist.

Dies liegt daran, dass die Quell-IP-Adresse die HTTP-Serveradresse ist und diese hier nicht konfiguriert werden kann. Andererseits können Sie die Richtlinie weiterhin anpassen, indem Sie die Ziel-IP-Adresse angeben. Dadurch können Sie mithilfe derselben HTTP-Serveranwendungen verschiedene Richtlinien für unterschiedliche Clients erstellen.

Konfigurieren der Seite für IP-Adressen des QoS-Richtlinien-Assistenten

  1. Wählen Sie unter Diese QoS-Richtlinie wird angewendet auf (Quelle) die Option Beliebige Quell-IP-Adresse oder Nur für die folgende Quell-IP-Adresse aus.

  2. Wenn Sie Nur für die folgende Quell-IP-Adresse ausgewählt haben, geben Sie eine IPv4- oder IPv6-Adresse bzw. ein entsprechendes Präfix ein.

  3. Wählen Sie unter Diese QoS-Richtlinie wird angewendet auf (Ziel) die Option Beliebige Ziel-IP-Adresse oder Nur für die folgende Ziel-IP-Adresse aus.

  4. Wenn Sie Nur für die folgende Ziel-IP-Adresse ausgewählt haben, geben Sie eine IPv4- oder IPv6-Adresse bzw. ein entsprechendes Präfix ein, die bzw. das dem für die Quelladresse angegebenen Typ der Adresse bzw. des Präfixes entspricht.

  5. Klicken Sie auf Weiter.

Seite 4 des Assistenten: Protokolle und Ports

Auf der vierten Seite des QoS-Richtlinien-Assistenten können Sie die Datenverkehrstypen und Ports angeben, die durch die Einstellungen auf der ersten Seite des Assistenten gesteuert werden. Sie können Folgendes angeben:

  • TCP-Datenverkehr und/oder UDP-Datenverkehr

  • Alle Quellports, einen Quellportbereich oder einen bestimmten Quellport

  • Alle Zielports, einen Bereich von Zielports oder einen bestimmten Zielport

Konfigurieren der Seite für Protokolle und Ports des QoS-Richtlinien-Assistenten

  1. Wählen Sie unter Wählen Sie das Protokoll aus, auf das diese QoS-Richtlinie angewendet wird die Option TCP, UDP oder TCP und UDP aus.

  2. Wählen Sie unter Geben Sie die Quellportnummer an die Option Von einem beliebigen Quellport oder Von dieser Quellportnummer aus.

  3. Wenn Sie Von dieser Quellportnummer ausgewählt haben, geben Sie eine Portnummer zwischen 1 und 65535 ein.

    Optional können Sie einen Portbereich im Format Niedrig:Hoch angeben, wobei Niedrig und Hoch die untere bzw. obere Begrenzung des Portbereichs darstellen. Niedrig und Hoch muss jeweils einer Zahl zwischen 1 und 65535 entsprechen. Zwischen dem Doppelpunkt (:) und den Zahlen ist kein Leerzeichen zulässig.

  4. Wählen Sie unter Geben Sie die Zielportnummer an die Option An einen beliebigen Port oder An diese Zielportnummer aus.

  5. Wenn Sie im vorherigen Schritt An diese Zielportnummer ausgewählt haben, geben Sie eine Portnumber zwischen 1 und 65535 ein.

Schließen Sie die Erstellung der neuen QoS-Richtlinie ab, indem Sie auf der Seite Protokolle und Ports des QoS-Richtlinien-Assistenten auf Fertig stellen klicken. Nach Abschluss des Vorgangs wird die neue QoS-Richtlinie im Detailbereich des Gruppenrichtlinienobjekt-Editors aufgeführt.

Zum Anwenden der QoS-Richtlinieneinstellungen auf Benutzer*innen oder Computer verknüpfen Sie das Gruppenrichtlinienobjekt, in dem sich die QoS-Richtlinien befinden, mit einem Active Directory Domain Services-Container (z. B. einer Domäne, einem Standort oder einer Organisationseinheit (Organizational Unit, OU)).

Anzeigen, Bearbeiten oder Löschen einer QoS-Richtlinie

Die zuvor beschriebenen Seiten des QoS-Richtlinien-Assistenten entsprechen den Eigenschaftenseiten, die angezeigt werden, wenn Sie die Eigenschaften einer Richtlinie anzeigen oder die Richtlinie bearbeiten.

So zeigen Sie die Eigenschaften einer QoS-Richtlinie an

  • Klicken Sie im Detailbereich des Gruppenrichtlinienobjekt-Editors mit der rechten Maustaste auf den Richtliniennamen und dann auf Eigenschaften.

    Der Gruppenrichtlinienobjekt-Editor zeigt die Eigenschaftenseite mit den folgenden Registerkarten an:

    • "Richtlinienprofil"

    • Anwendungsname

    • IP-Adressen

    • Protokolle und Ports

So bearbeiten Sie eine QoS-Richtlinie

  • Klicken Sie im Detailbereich des Gruppenrichtlinienobjekt-Editors mit der rechten Maustaste auf den Richtliniennamen und dann auf Vorhandene Richtlinie bearbeiten.

    Der Gruppenrichtlinienobjekt-Editor zeigt das Dialogfeld Eine vorhandene QoS-Richtlinie bearbeiten an.

So löschen Sie eine QoS-Richtlinie

  • Klicken Sie im Detailbereich des Gruppenrichtlinienobjekt-Editors mit der rechten Maustaste auf den Richtliniennamen und dann auf Richtlinie löschen.

GPMC-Berichterstellung für QoS-Richtlinien

Nachdem Sie mehrere QoS-Richtlinien in Ihrer Organisation angewendet haben, kann es nützlich oder erforderlich sein, regelmäßig zu überprüfen, wie die Richtlinien angewendet werden. Eine Zusammenfassung der QoS-Richtlinien für bestimmte Benutzer*innen oder Computer kann mithilfe der GPMC-Berichterstellung angezeigt werden.

Ausführen des Gruppenrichtlinienergebnis-Assistenten für einen Bericht zu QoS-Richtlinien

  • Klicken Sie in der Gruppenrichtlinien-Verwaltungskonsole mit der rechten Maustaste auf den Knoten Gruppenrichtlinienergebnisse, und wählen Sie dann die Menüoption für Gruppenrichtlinienergebnis-Assistent aus.

Nachdem die Gruppenrichtlinienergebnisse generiert wurden, klicken Sie auf die Registerkarte Einstellungen. Auf der Registerkarte Einstellungen finden Sie die QoS-Richtlinien unter den Knoten „Computer Configuration\Windows Settings\QoS Policy“ und „User Configuration\Windows Settings\QoS Policy“.

Auf der Registerkarte Einstellungen werden die QoS-Richtlinien nach ihren QoS-Richtliniennamen mit ihrem DSCP-Wert, der Drosselungsrate, den Richtlinienbedingungen und dem in derselben Zeile aufgeführten ausschlaggebenden Gruppenrichtlinienobjekt angezeigt.

Die Ansicht für Gruppenrichtlinienergebnisse identifiziert das ausschlaggebende Gruppenrichtlinienobjekt eindeutig. Wenn mehrere GPOs über QoS-Richtlinien mit demselben QoS-Richtliniennamen verfügen, wird das Gruppenrichtlinienobjekt mit der höchsten GPO-Rangfolge angewendet. Dies ist das ausschlaggebende Gruppenrichtlinienobjekt. Konfliktverursachende QoS-Richtlinien (identifiziert durch den Richtliniennamen), die einem Gruppenrichtlinienobjekt mit niedrigerer Priorität zugeordnet sind, werden nicht angewendet. Beachten Sie, dass die GPO-Prioritäten definieren, welche QoS-Richtlinien je nach Bedarf am Standort, in der Domäne oder in der OU bereitgestellt werden. Nach der Bereitstellung bestimmen die QoS-Richtlinienrangfolgeregeln auf Benutzer- oder Computerebene, welcher Datenverkehr zulässig ist bzw. blockiert wird.

Der DSCP-Wert, die Drosselungsrate und die Richtlinienbedingungen der QoS-Richtlinie können auch im Gruppenrichtlinienobjekt-Editor (GPOE) angezeigt werden.

Erweiterte Einstellungen für Roaming- und Remotebenutzer*innen

Mit der QoS-Richtlinie soll der Datenverkehr im Netzwerk eines Unternehmens verwaltet werden. In mobilen Szenarios senden Benutzer*innen möglicherweise Datenverkehr an das bzw. aus dem Unternehmensnetzwerk. Da QoS-Richtlinien nicht relevant sind, wenn sie nicht für das Netzwerk des Unternehmens verwendet werden, werden QoS-Richtlinien nur für Netzwerkschnittstellen für Windows 8, Windows 7 oder Windows Vista aktiviert, die mit dem Unternehmen verbunden sind.

Beispielsweise können Benutzer*innen in einem Café ihren tragbaren Computer über ein virtuelles privates Netzwerk (VPN) mit dem Netzwerk ihres Unternehmens verbinden. Für VPNs wendet die physische Netzwerkschnittstelle (z. B. drahtlos) keine QoS-Richtlinien an. Für die VPN-Schnittstelle werden jedoch QoS-Richtlinien angewendet, da sie eine Verbindung mit dem Unternehmen herstellt. Wenn Benutzer*innen später das Netzwerk eines anderen Unternehmens verwenden, das keine AD DS-Vertrauensstellung aufweist, werden QoS-Richtlinien nicht aktiviert.

Beachten Sie, dass diese mobilen Szenarios nicht auf Serverworkloads angewendet werden. Ein Server mit mehreren Netzwerkadaptern kann sich beispielsweise am Edge des Unternehmensnetzwerks befinden. Die IT-Abteilung kann festlegen, dass QoS-Richtlinien den ausgehenden Datenverkehr des Unternehmens drosseln. Dieser Netzwerkadapter, der diesen ausgehenden Datenverkehr sendet, stellt jedoch nicht unbedingt eine Verbindung mit dem Unternehmensnetzwerk her. Aus diesem Grund sind QoS-Richtlinien immer für alle Netzwerkschnittstellen eines Computers aktiviert, auf dem Windows Server 2012 ausgeführt wird.

Hinweis

Die selektive Aktivierung gilt nur für QoS-Richtlinien und nicht für die erweiterten QoS-Einstellungen, die später in diesem Dokument erläutert werden.

Erweiterte QoS-Einstellungen

Erweiterte QoS-Einstellungen bieten zusätzliche Steuerelemente für IT-Administrator*innen zum Verwalten der Computernetzwerknutzung und DSCP-Markierungen. Erweiterte QoS-Einstellungen gelten nur auf Computerebene, während QoS-Richtlinien sowohl auf Computer- als auch auf Benutzerebene angewendet werden können.

Konfigurieren erweiterter QoS-Einstellungen

  1. Klicken Sie auf Computerkonfiguration und dann auf Windows-Einstellungen in der Gruppenrichtlinie.

  2. Klicken Sie mit der rechten Maustaste auf QoS-Richtlinie und dann auf Erweiterte QoS-Einstellungen.

    Die folgende Abbildung zeigt die beiden Registerkarten für erweiterte QoS-Einstellungen: Eingehender TCP-Datenverkehr und DSCP-Markierungsüberschreibung.

Hinweis

Erweiterte QoS-Einstellungen sind Gruppenrichtlinieneinstellungen auf Computerebene.

Erweiterte QoS-Einstellungen: Eingehender TCP-Datenverkehr

Eingehender TCP-Datenverkehr steuert die TCP-Bandbreitennutzung auf der Empfängerseite, während QoS-Richtlinien den ausgehenden TCP- und UDP-Datenverkehr beeinflussen.

Durch Festlegen einer niedrigeren Durchsatzstufe auf der Registerkarte Eingehender TCP-Datenverkehr schränkt das TCP die Größe des angekündigten TCP-Empfangsfensters ein. Die Auswirkungen dieser Einstellung sind erhöhte Durchsatzraten und Verbindungsauslastungen für TCP-Verbindungen mit höheren Bandbreiten oder Latenzen (Bandbreiten-Verzögerungsprodukt). Standardmäßig wird für Computer, auf denen Windows Server 2012, Windows 8, Windows Server 2008 R2, Windows Server 2008 und Windows Vista ausgeführt wird, die maximale Durchsatzstufe festgelegt.

Das TCP-Empfangsfenster hat sich bei Windows Server 2012, Windows 8, Windows Server 2008 R2, Windows Server 2008 und Windows Vista im Vergleich zu früheren Windows-Versionen geändert. Bei früheren Versionen von Windows wurde das TCP-Empfangsfenster auf maximal 64 Kilobyte (KB) beschränkt, während das Empfangsfenster bei Windows Server 2012, Windows 8, Windows Server 2008 R2, Windows Server 2008 und Windows Vista dynamisch auf bis zu 16 Megabyte (MB) vergrößert werden kann. Im Steuerelement für eingehenden TCP-Datenverkehr können Sie die Durchsatzstufe für eingehenden Datenverkehr angeben, indem Sie den Maximalwert für das TCP-Empfangsfenster festlegen. Die Stufen entsprechen den folgenden Maximalwerten.

Durchsatzstufe für eingehenden Datenverkehr Maximum
0 64 KB
1 256 KB
2 1 MB
3 16 MB

Die tatsächliche Fenstergröße kann je nach Netzwerkbedingungen ein Wert sein, der gleich oder kleiner als das Maximum ist.

Festlegen des TCP-Empfangsfensters
  1. Klicken Sie im Gruppenrichtlinienobjekt-Editor zunächst auf Lokale Computerrichtlinie und dann auf Windows-Einstellungen. Klicken Sie mit der rechten Maustaste auf QoS-Richtline und dann auf Erweiterte QoS-Einstellungen.

  2. Wählen Sie unter TCP-Empfangsdurchsatz die Option TCP-Empfangsdurchsatz konfigurieren aus, und legen Sie anschließend die gewünschte Durchsatzstufe fest.

  3. Verknüpfen Sie das Gruppenrichtlinienobjekt mit der Organisationseinheit.

Erweiterte QoS-Einstellungen: DSCP-Markierungsüberschreibung

Die DSCP-Markierungsüberschreibung schränkt die Fähigkeit von Anwendungen ein, andere als die in QoS-Richtlinien festgelegten DSCP-Werte anzugeben oder zu markieren. Wenn Anwendungen das Festlegen von DSCP-Werten erlaubt wird, können sie DSCP-Werte ungleich null festlegen.

Wenn Sie Ignorieren auswählen, werden die DSCP-Werte für Anwendungen, die QoS-APIs verwenden, auf null festgelegt, und nur QoS-Richtlinien können DSCP-Werte festlegen.

Standardmäßig können Anwendungen auf Computern, auf denen Windows Server 2016, Windows 10, Windows Server 2012 R2, Windows 8.1, Windows Server 2012, Windows 8, Windows Server 2008 R2, Windows Server 2008 oder Windows Vista ausgeführt wird, DSCP-Werte festlegen. Anwendungen und Geräte, die diese QoS-APIs nicht verwenden, werden nicht außer Kraft gesetzt.

Wireless Multimedia und DSCP-Werte

Die Wi-Fi Alliance hat eine Zertifizierung für Wireless Multimedia (WMM) eingeführt, die vier Zugriffskategorien (WMM_AC) für die Priorisierung von Netzwerkdatenverkehr definiert, der über eine WLAN-Verbindung übertragen wird. Die Zugriffskategorien umfassen Folgendes (in der Reihenfolge der höchsten bis niedrigsten Priorität): Sprache (Voice, VO), Video (VI), beste Leistung (Best Effort, BE) und Hintergrund (Background, BK). Die WMM-Spezifikation definiert, welche DSCP-Werte den vier Zugriffskategorien entsprechen:

DSCP-Wert WMM-Zugriffskategorie
48–63 Stimme (VO)
32–47 Video (VI)
24–31, 0–7 Beste Leistung (BE)
8–23 Hintergrund (BK)

Sie können QoS-Richtlinien erstellen, die diese DSCP-Werte verwenden, um sicherzustellen, dass tragbare Computer mit drahtlosen Wi-Fi Certified™ for WMM-Adaptern priorisiert werden, wenn sie mit Wi-Fi Certified for WMM-Zugriffspunkten verknüpft sind.

QoS-Richtlinienrangfolgeregeln

Ähnlich wie bei den Prioritäten des GPO haben QoS-Richtlinien Vorrangregeln, um Konflikte zu lösen, wenn mehrere QoS-Richtlinien auf bestimmten Datenverkehr angewendet werden. Bei ausgehendem TCP- oder UDP-Datenverkehr kann jeweils nur eine QoS-Richtlinie angewendet werden, was bedeutet, dass QoS-Richtlinien keinen kumulativen Effekt haben (z. B. beim Summieren der Drosselungsraten).

Im Allgemeinen hat die QoS-Richtlinie mit den meisten übereinstimmenden Bedingungen Vorrang. Wenn mehrere QoS-Richtlinien angewendet werden, fallen die Regeln in drei Kategorien: Benutzerebene im Vergleich zur Computerebene, Anwendung im Vergleich zum Netzwerkquintupel und Komponenten des Netzwerkquintupels selbst.

Mit Netzwerkquintupel sind die Quell-IP-Adresse, die Ziel-IP-Adresse, der Quellport, der Zielport und das Protokoll (TCP/UDP) gemeint.

Die QoS-Richtlinie auf Benutzerebene hat Vorrang vor der QoS-Richtlinie auf Computerebene.

Diese Regel erleichtert Netzwerkadministrator*innen die Verwaltung von QoS-Gruppenrichtlinienobjekten erheblich, insbesondere bei benutzergruppenbasierten Richtlinien. Wenn die Netzwerkadministrator*innen beispielsweise eine QoS-Richtlinie für eine Benutzergruppe definieren möchten, können sie nur ein Gruppenrichtlinienobjekt erstellen und an diese Gruppe verteilen. Sie müssen sich keine Gedanken darüber machen, an welchen Computern diese Benutzer*innen angemeldet sind und ob für diese Computer konfliktverursachende QoS-Richtlinien definiert wurden, da bei auftretenden Konflikten die Richtlinie auf Benutzerebene immer Vorrang hat.

Hinweis

Eine QoS-Richtlinie auf Benutzerebene gilt nur für Datenverkehr, der von diesen Benutzer*innen generiert wird. Andere Benutzer*innen eines bestimmten Computers und der Computer selbst unterliegen keinen QoS-Richtlinien, die für diese Benutzer*innen definiert sind.

Anwendungsspezifität und Vorrang vor Netzwerkquintupeln

Wenn mehrere QoS-Richtlinien dem spezifischen Datenverkehr entsprechen, wird die spezifischere Richtlinie angewendet. Unter Richtlinien, die Anwendungen identifizieren, wird eine Richtlinie, die den Dateipfad der sendenden Anwendung enthält, als spezifischer als eine andere Richtlinie betrachtet, die nur den Anwendungsnamen (keinen Pfad) identifiziert. Wenn noch immer mehrere Richtlinien mit Anwendungen übereinstimmen, verwenden die Rangfolgeregeln das Netzwerkquintupel, um die passendste Übereinstimmung zu ermitteln.

Alternativ können mehrere QoS-Richtlinien auf denselben Datenverkehr angewendet werden, indem nicht überlappende Bedingungen angegeben werden. Unter den Bedingungen von Anwendungen und dem Netzwerkquintupel wird die Richtlinie, die die Anwendung angibt, als spezifischer betrachtet und infolgedessen angewendet.

Beispielsweise gibt policy_A nur einen Anwendungsnamen (app.exe) an, policy_B hingegen die Ziel-IP-Adresse 192.168.1.0/24. Wenn diese QoS-Richtlinien in Konflikt geraten (app.exe sendet Datenverkehr an eine IP-Adresse innerhalb des Bereichs 192.168.4.0/24), wird policy_A angewendet.

Höhere Spezifität hat im Netzwerkquintupel Vorrang

Bei Richtlinienkonflikten innerhalb des Netzwerkquintupels hat die Richtlinie mit den meisten übereinstimmenden Bedingungen Vorrang. Angenommen, policy_C gibt die Quell-IP-Adresse „any“, die Ziel-IP-Adresse 10.0.0.1, den Quellport „any“, den Zielport „any“ und das Protokoll „TCP“ an.

Zudem gibt policy_D die Quell-IP-Adresse „any“, die Ziel-IP-Adresse 10.0.0.1, den Quellport „any“, den Zielport 80 und das Protokoll „TCP“ an. Somit kämen sowohl policy_C als auch policy_D für eine Verbindung mit dem Ziel 10.0.0.1:80 infrage. Da die QoS-Richtlinie die Richtlinie mit den spezifischsten übereinstimmenden Bedingungen anwendet, hat policy_D in diesem Beispiel Vorrang.

QoS-Richtlinien können jedoch eine gleiche Anzahl von Bedingungen aufweisen. Beispielsweise können mehrere Richtlinien jeweils nur einen (aber nicht denselben) Teil des Netzwerkquintupels angeben. Beim Netzwerkquintupel gilt folgende Reihenfolge (von höherer zu niedrigerer Priorität):

  • Quell-IP-Adresse

  • IP-Zieladresse

  • Quellport

  • Zielport

  • Protokoll (TCP oder UDP)

Innerhalb einer bestimmten Bedingung (z. B. IP-Adresse) hat eine spezifischere IP-Adresse Vorrang. Beispielsweise ist die IP-Adresse 192.168.4.1 spezifischer als 192.168.4.0/24.

Konfigurieren Sie Ihre QoS-Richtlinien so spezifisch wie möglich, damit Ihre Organisation leichter nachvollziehen kann, welche Richtlinien angewendet werden.

Den nächsten Artikel in diesem Leitfaden finden Sie unter QoS-Richtlinienereignisse und -fehler.

Den ersten Artikel in diesem Leitfaden finden Sie unter QoS-Richtlinien (Quality of Service).