#PapierlosLernen ist erst der Anfang – Lehren und Lernen wird digital

Unter dem Motto „Tausche 2kg Papier gegen ein Surface mit Office“ haben die beiden Schüler Marco Nagels und Sebastian Franz im Spätsommer ein Experiment an ihrer Schule gestartet: #PapierlosLernen . Sie lernen das komplette Schuljahr mit einem Surface , Office 365 und OneNote .

Auf unserem Blog berichtet dieses Mal ihr Lehrer Dr. Dirk Brinkmann von seinen Erfahrungen mit dem Projekt.

Moderne Technologien eröffnen enorme Möglichkeiten für die Schule. Schon heute finden eine ganze Reihe IT-gestützter Aktivitäten ihren Weg in den Unterricht. Bei mir in den Naturwissenschaften kommen neben Office-Anwendungen auch Präsentationen, Lernmanagementumgebungen und Simulationssoftware, selbst gedrehte Erklärvideos, Online-Feedback zu Referaten, Animationen u.v.m. zum Einsatz. Das alles sind Schritte auf dem Weg zum digitalen Lehren und Lernen.

Um diesen Weg wirklich erfolgreich gehen zu können, müssen sich Lehrer, Schüler, Lehrpläne, Eltern und Verwaltung – genau wie die zugrundeliegende Technologie – weiterentwickeln.

Lehrer stellen sich den Herausforderungen der Digitalisierung und ihr Engagement ist sicher eine der entscheidenden Stellschrauben, damit das gelingt. Für die Mitglieder des Kollegiums ist damit ein erkennbarer Zeitaufwand verbunden – eine gute Zusammenarbeit der Kollegen hilft da, genau wie die Tatsache, dass die überwiegende Anzahl der Lehrer den Umgang mit der Technik aus dem persönlichen Alltag inzwischen verinnerlicht hat.

Es mag sein, dass Kinder und Jugendliche die Nutzung moderner Technik mit einer besonderen Selbstverständlichkeit erleben. Meiner Erfahrung nach ist für Schüler eine wirklich ertragreiche Form der Techniknutzung mit dem Ziel „Lernen lernen“ in der Regel aber nicht das Natürlichste der Welt.

Auch die Technologie muss sich noch weiterentwickeln und stärker auf die Bedürfnisse im Schuleinsatz zugeschnitten werden. In aller Regel setzen diese Technologien eine robuste Infrastruktur voraus und erfordern finanzielle Mittel.

Technologie als hilfreiches Werkzeug für die Schule von morgen

In den vergangenen Monaten des laufenden Schuljahrs habe ich das Projekt meiner beiden Schüler Sebastian Franz und Marco Nagels aus Lehrerperspektive verfolgt: Das Surface mit Office als Dreh- und Angelpunkt bei #PapierlosLernen.

Zugegeben, zu Beginn der Aktion traten immer wieder Schwierigkeiten auf: mal muckte die Hardware, mal klappte es mit der Software nicht wie gewünscht. Erfreulicherweise verfügen Sebastian und Marco aber neben ihrer ausgeprägten Frustrationstoleranz über eine positive Grundeinstellung zu allem was das digitale Leben so bietet. Sie haben es in den Griff bekommen.

Inzwischen läuft das System so gut, dass die beiden mit bemerkenswerter Konsequenz ihren Schulalltag papierlos absolvieren. Unterricht spielt sich ja weiterhin zum großen Teil analog ab. Interessant zu sehen, wie Sebastian und Marco in relativ kurzer Zeit eine funktionierende individuelle Arbeitsstruktur aufbauen konnten: Tablett, Stift, Bilder, Dokumente, Online-Ressourcen und OneNote als organisatorische Klammer für all den digitalen Input.

Ständige Medienwechsel, Digitalisierung von Unterrichtmaterialien, stiftbasierte Bearbeitung von Arbeitsblättern direkt über das Surface – zu Anfang ein Stück weit Herausforderung, inzwischen kein großes Problem mehr. Das beeindruckt auch den ein oder anderen ursprünglich kritisch eingestellten Kollegen.

Wenn sich in Zukunft nicht nur zwei, sondern irgendwann alle Schüler von Technologie im Schulalltag unterstützen lassen, eröffnet das sicherlich neue Potenziale. Ein solcher Schritt geht mit einer stärkeren Individualisierung des Lernangebots einher und Unterrichtsinhalte können stärker auf das jeweilige Lerntempo des Schülers zugeschnitten werden.

Natürlich wäre es für die beiden einfacher, wenn der Unterricht schon heute stärker digital ausgerichtet und #PapierlosLernen für alle Schüler eine Selbstverständlichkeit wäre. Vorschlag meinerseits: eine Initiative wie #PapierlosLehren wäre ein hervorragender Weg, die Umsetzung dieser Vision zu befördern.

Sebastian und Marco zeigen, dass es funktionieren kann

Längst wird an den Unterricht die Forderung gestellt, die aktuellen technischen Möglichkeiten intensiver zu nutzen. Dafür müssen dann aber auch die Rahmenbedingungen geschaffen werden. Unsere Schule hat sich auf den Weg gemacht. Wir denken über das „wie“ nach und schaffen die technischen Voraussetzungen damit „mehr“ möglich wird. Aber wir müssen auch überzeugen.

Projekte wie das von Sebastian und Marco sind da nicht unwichtig, zeigen sie doch auf, welches Potenzial der Einsatz moderner Technologie im Schulalltag bietet. Für alle Beteiligten wird sichtbar, dass dies ein lohnender Weg ist, der tatsächlich funktionieren kann. Sebastian und Marco tragen ihren Teil dazu bei, dass ein Projekt wie #PapierlosLernen heute noch etwas Besonderes, in ein paar Jahren vielleicht schon Selbstverständlichkeit sein wird.

 

Ein Gastbeitrag von Dr. Dirk Brinkmann
Lehrer für Physik und Chemie am Gymnasium Thomaeum in Kempen am Niederrhein
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