Die Zukunft der IT: Strom aus der Steckdose?

In dieser Woche hatte ich die Ehre, das Editorial zum TechNet NewsFlash zu schreiben. Darin geht es um die Zukunft der IT und um die Bedeutung von Virtualisierung-Technologien.

Das öffentliche Stromnetz ist ein beliebtes Beispiel in Diskussionen über die Zukunft der IT. In der Anfangszeit der Industrialisierung musste jede Fabrik die benötigte Energie selbst erzeugen und es bedeutete einen enormen Wettbewerbsvorteil, eine besonders ergiebige Energiequelle zur Verfügung zu haben. Die Lieferung von Strom über das öffentliche Netz eliminierte diesen Vorteil, ermöglichte es jedoch den Firmen, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren. Strom wurde zu einer Selbstverständlichkeit – und genau diese Entwicklung werde auch die Informationstechnologie nehmen: IT aus der Steckdose, normiert und für alle und überall verfügbar. Ist dies wirklich der Fall?

Im Bereich Energieversorgung war diese Entwicklung möglich, weil Energie in einer hoch standardisierten Form geliefert werden kann. Um die solcherart bezogene Energie zum eigenen Wettbewerbsvorteil nutzen zu können, sind allerdings zum Teil recht umfangreiche Maßnahmen (sprich: Maschinen) notwendig, um Strom in die tatsächlich benötigte Art von Energie umzuwandeln. Auch eine Art der Virtualisierung kommt hier ins Spiel: Netzteile abstrahieren die gelieferte Energie und stellen daraus abgeleitet die benötigte Spannung, Stromstärke und Frequenz den Maschinen zur Verfügung.

Auch in der IT gibt es hoch standardisierte Dienste, die nicht selbst „hergestellt“ werden müssen, sondern über das Internet bezogen werden können. Beispiele hierfür sind E-Mail, IP-Telefonie, Datenspeicher oder auch Directory-Dienste. Auch bei dieser IT-Industrialisierung ist jedoch nicht der standardisierte Infrastrukturdienst die Basis eines Wettbewerbsvorteils, sondern es sind dies Applikationen, die Geschäftsprozesse abbilden und unterstützen. Diese Applikationen integrieren die Infrastrukturdienste auf höchst komplexe Art und Weise. Also letztlich doch keine IT aus der Steckdose, auch wenn die Bereitstellung hoch standardisierter Infrastrukturdienste über das Internet innerhalb der nächsten Jahre sicherlich zur Selbstverständlichkeit werden wird.

Analog zur Virtualisierung von Strom mit Hilfe von Netzteilen ist in der IT die Virtualisierung ein unverzichtbares Mittel zur Integration von Applikationen und Infrastrukturdiensten. Applikations-, Präsentations- und Hardwarevirtualisierung ermöglichen die Entwicklung von Applikationen weitestgehend unabhängig von der Implementierung der Infrastrukturdienste. Das ist meiner Meinung nach der eigentliche Trend der nächsten Jahre: Virtualisierung ist nicht mehr nur ein Mittel zur Effizienzsteigerung innerhalb der eigenen Infrastruktur, sondern wird in ihrer Funktion als Schnittstelle zwischen Applikationen und Infrastrukturdiensten zum Motor der „Industrialisierung“ der IT. Technische Informationen zum Thema Virtualisierung in allen seinen Aspekten finden Sie im Virtualisierungs TechCenter auf TechNet Online.

Mit freundlichen Grüßen!

 

Ralf M. Schnell